BGH Urteil vom 24.01.2014: Sämtliche Wohnungseigentümer müssen Installation einer Mobilfunkanlage zustimmen
Die Anfechtungsklage einer Wohnungseigentümerin gegen einen WEG-Beschluss, welcher einem Unternehmen die Installation einer Mobilfunkanlage auf dem Dach der Wohnungseigentumsanlage gestatten sollte, hat in allen Instanzen Erfolg.
In letzter Instanz stellt der BGH mit Urteilsspruch vom 24.01.2014 zum AZ: V ZR 48/13 fest, dass die Installation einer Mobilfunkanlage die Zustimmung aller Wohnungseigentümer bedarf.
Dem Argument der Wohnungseigentümergemeinschaft in der Revision, dass die einzelnen Wohnungseigentümer ebenso wenig wie Eigentümer der Nachbarschaft beeinträchtigt würden, da die Stahlenemissionen im Rahmen von Grenz- und Richtwerten lägen, überzeugte den BGH nicht.
Zwar gibt das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) mit § 906 Abs. 1 Satz 2 vor, dass ein Grundstückseigentümer die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen hinnehmen muss, wenn die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt und führt weiter aus, dass eine unwesentliche Beeinträchtigung regelmäßig vorliegt, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Doch schloss sich der BGH der Rechtsauffassung der Vorinstanzen auch insoweit an, dass ein Wohnungseigentümer nicht zustimmungslos eine Beeinträchtigung hinnehmen muss, welche sich im vorliegenden Fall durch eine mögliche Minderung des Miet- oder Verkaufspreis der Eigentumswohnung zeigt.
Es wird auf § 22 Abs. 1 WEG i.V.m. § 14 Nr. 1 WEG verwiesen, welcher die Einflussnahme eines jeden Wohnungseigentümers auf Entscheidungen über bauliche Veränderungen vorsieht. Hiervon darf nur abgewichen werden, wenn der Wohnungseigentümer gar nicht oder nur ganz geringfügig von der Maßnahme betroffen ist. Maßstab für diese Geringfügigkeit können die in § 906 Abs. 1 Satz 2 BGB genannten immissionsrechtlichen Grenz- und Richtwerte laut BGH nicht liefern, zumal das Zusammenleben in einer Wohnungseigentumsanlage - auch bei Entscheidungen über bauliche Veränderungen - ein stärkeres Maß an Rücksichtnahme verlangt.
Auszüge aus den zugrunde liegenden Gesetzen:
§ 22 WEG - Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau
(1) Bauliche Veränderungen und Aufwendungen, die über die ordnungsmäßige Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen, können beschlossen oder verlangt werden, wenn jeder Wohnungseigentümer zustimmt, dessen Rechte durch die Maßnahmen über das in § 14 Nr. 1 bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden. Die Zustimmung ist nicht erforderlich, soweit die Rechte eines Wohnungseigentümers nicht in der in Satz 1 bezeichneten Weise beeinträchtigt werden.
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§ 14 WEG - Pflichten des Wohnungseigentümers
Jeder Wohnungseigentümer ist verpflichtet:1. die im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile so instand zu halten und von diesen sowie von dem gemeinschaftlichen Eigentum nur in solcher Weise Gebrauch zu machen, daß dadurch keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst;
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§ 906 BGB - Zuführung unwägbarer Stoffe
(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.
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