Begrenzung der Schadensersatzpflicht des Immobilienverkäufers

Der BGH begrenzt mit Urteil vom 04.04.2014 Schadensersatzansprüche bei unverhältnismäßig hohen Mangelbeseitigungskosten bis zum mangelbedingten Minderwert - die Veräußerung einer mangelbehafteten Immobilie kann Verkäufern dennoch teuer zu stehen kommen.

Der Gerichtshürdenlauf eines Verkäufers nach der Veräußerung eines Mietshauses zu einem Kaufpreis von 260.000,00 EUR nimmt kein Ende. Zum Streit führte Hausschwamm, den der Käufer nach Übergabe des Hauses entdeckte. Zur Beseitigung forderte er Schadensersatz vom Immobilienverkäufer - insgesamt 639.230,38 EUR.

Das Landgericht stellte zunächst fest, dass der Immobilienverkäufer zum Schadensersatz verpflichtet ist und erließ ein Grundurteil, wonach der Immobilienverkäufer eine Schadensersatzzahlung in Höhe von 89.129,86 EUR sowie weitere 45.000,00 EUR als Ausgleich des nach der Hausschwammsanierung verbleibenden merkantilen Minderwertes zu leisten hat. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass der Immobilienverkäufer verpflichtet ist, auch den weitergehenden durch den Hausschwamm hervorgerufenen Schaden zu ersetzen. Die Urteile sind rechtskräftig.

Nachdem der Immobilienkäufer Sanierungsmaßnahmen durchführen ließ, verlangte er einen weiteren Teilschadensersatz in Höhe von 499.728,86 EUR sowie außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 5.371,66 EUR.

Erneut wurden die Gerichte bemüht. In der Vorinstanz kam das Kammergericht zu dem Ergebnis, dass die Ersatzpflicht des Verkäufers nicht begrenzt sei. Eine Unverhältnismäßigkeit der Mängelbeseitigungskosten sei auch nicht bezogen auf den Kaufpreis zu prüfen, sondern anhand des Verkehrswertes eines mangelfreien Grundstückes. Im vorliegenden Fall wäre dieser mit mindestens 600.000,00 EUR zu bewerten, so das Gericht. Es führte weiter aus, dass der Verkäufer bisher zu Zahlungen von insgesamt 639.230,38 EUR verurteilt wurde, womit der zu zahlende Betrag nur ca. 6% über den normalen Verkehrswert liegen würde.

Diese Entscheidung wollte der Verkäufer nicht hinnehmen und legte Revision ein. Der Bundesgerichtshof teilte die Auffassung des vorinstanzlichen Gerichts nicht, hob das Urteil auf und verwies zur erneuten Verhandlung zurück an das Kammergericht.

Bei dieser Entscheidung stellte der Bundesgerichtshof fest, dass der Käufer grundsätzlich den Ersatz von Mangelbeseitigungskosten verlangen kann. Bei unverhältnismäßig hohen Kosten sollten diese jedoch  zum Verkäuferschutz auf den mangelbedingten Minderwert beschränkt werden. 

Weiter führt der Bundesgerichtshof in seinem Urteil aus, dass bei Grundstückskaufverträgen das Unverhältnismäßigkeit in Frage kommt, wenn die Mangelbeseitigungskosten entweder den Verkehrswert der Immobilie in mangelfreien Zustand oder 200% des mangelbedingten Minderwerts übersteigen.

Laut den Feststellungen des Berufungsgerichts, bemisst der Zeitwert des Gesamtobjekts im Zustand des Befalls mit echtem Hausschwamm 507.202 EUR sowie der Verkehrswert im mangelfreien Zustand (mindestens) 600.000,00 EUR. Der Bundesgerichtshof schließt daraus, dass eine Unverhältnismäßigkeit der Mängelbeseitigungskosten in Betracht kommt und die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht ausreichend sind.

Der Bundesgerichtshof hat weiter darauf verwiesen, dass bei Prüfung der Unverhältnismäßigkeit auf den Beginn der Mängelbeseitigung abzustellen ist. Stellt sich im Verlauf der Sanierungsarbeiten heraus, dass die Kosten höher als erwartet ausfallen, steht dieses der Ersatzpflicht des Verkäufers zwar nicht zwangsläufig gegenüber; einer Ersatzpflicht steht jedoch entgegen, wenn ein wirtschaftlich denkender Käufer die Arbeiten auch unter Berücksichtigung der bereits angefallenen Kosten nicht fortgeführt hätte. Das Prognoserisiko hierüber trägt allerdings der Verkäufer.

 

BGH Urteil vom 4. April 2014 - V ZR 275/12 

Vorinstanzen:
LG Berlin – Urteil vom 15. März 2011 – 5 O 464/09
Kammergericht – Urteil vom 22. Oktober 2012 – 20 U 92/11 


Hinweise für Immobilienverkäufer:

Bekannte Mängel sollten nicht nur dem Käufer aufgezeigt sondern auch im notariellen Kaufvertrag festgehalten werden.

Ein Sachverständigengutachten sorgt für Klarheit.